Foto Albin Hillert/CEC
Dr. Antje Jackelén, Erzbischöfin von Uppsala (Kirche von Schweden) eröffnete den fünften Tag der Vollversammlung der Konferenz Europäischer Kirchen mit dem Thema Zeugnis. Dieses steht in engem Zusammenhang mit dem Gesamtthema der Vollversammlung „Ihr werdet meine Zeugen sein“ aus der Apostelgeschichte.
Europa verändert sich. Christ sein ist nicht mehr die Norm. In einer Minderheitenposition wird Zeugnis geben besonders wichtig.
„Das Zeugnis im christlichen Leben wird sichtbarer, wichtiger und herausfordernder. Das heißt, Kirchen, Gemeinden und Pfarrer/Priester müssen mehr darauf achten, wie sie ihre Männer, Frauen und Kinder darauf vorbereiten, gute Zeugen zu sein.“ So einer ihrer Schlüsselsätze.
Von ihren Besuchen u.a. in Ägypten, Myanmar und Indien, wo Christen nicht nur Minderheiten sind, sondern auch verfolgt werden, weiß die Erzbischöfin, dass die europäischen Kirchen noch viel lernen müssen, wie sie in einer Umgebung arbeiten können, wo einem oft Ignoranz oder Schlimmeres entgegen schlägt. Das Zeugnis muss an den Kontext angepasst werden.
“Die Frage nach einem Zeugnis kommt von sehr weit unten”, meinte sie.
Die Erzbischöfin sprach auch vor der Vollversammlung von Martin Luther Kings Begriff der göttlichen Unzufriedenheit, als wesentliche Quelle der Inspiration und Energie ein Zeugnis zu sein.
“Die schwarze Gemeinde erwartete von der schwarzen Kirche nicht nur geistliche Nahrung aus den Kirchenliedern und Gebeten, sondern auch soziale und politische Unterstützung von den Kirchenführern”, sagte sie.
Weiter betonte die Erzbischöfin, wie das Zeugnis von Frauen oft nicht anerkannt und ignoriert wurde. Als Beispiel erwähnte sie das Lukasevangelium, das von zwei Zeugen spricht. Für gewöhnlich denkt man dabei an zwei Männer. Einer der beiden Männer wird Kleopas genannt, der andere namentlich nicht erwähnt. 2000 Jahre lang wurde angenommen, dass der Begleiter von Kleopas ein Mann war. Dabei könnte es genauso seine Frau gewesen sein, da sie doch im selben Haus wohnten.
Zeuge werden aufgrund einer göttlichen Überraschung, so nannte es Erzbischöfin Jackelén.
Zeuge sein kommt nicht immer nur aus Überzeugung oder tiefem Glauben. Es hängt auch davon ab, welche Erfahrungen uns der Heilige Geist auf dem Weg zum Heil machen lässt.
Die meisten Menschen, die als Zeugen vor Gericht geladen werden, haben dies nicht bewusst entschieden. Sie wurden zu Zeugen, weil sie gerade vor Ort waren und in die Folgen der Ereignisse hineingezogen wurden. So geschieht es auch mit uns: Wir sind Zeugen für unseren Glauben, weil wir in das Christus-Geschehen hineingezogen wurden.
In seiner Reaktion auf dieses Grundsatzreferat bemerkte Herr Tauri Tolpt, Theologe an der Universität Tartu und Mitglied der Orthodoxen Fakultät des Instituts für Theologie der Estnisch Evangelisch-Lutherischen Kirche, dass der Schlüssel zum Zeuge sein die Glaubwürdigkeit ist.
“Kinder sehen die Wahrheit nicht in der Formulierung unserer Worte, sondern wie wir diese Worte präsentieren. Sie beobachten die Einstellung, die wir zeigen, wenn wir diese Worte bezeugen. Die Welt, die unser Zeugnis sieht, verhält sich sehr oft wie ein Kind, das entweder gar nicht zuhört oder nicht angesprochen wird durch das, was wir sagen, sondern durch das, wie wir es sagen,” fügte er hinzu.
Mr. Tolpt forderte die Delegierten der Vollversammlung auch auf zu entscheiden, wie die Kirche und die Kirchen sich selbst sehen sollten. Er schlug vor, dass von Zeit zu Zeit eine Wahl getroffen werden muss zwischen unterschiedlichen Perspektiven auf die Kirche. ” Ich glaube, dass es eine feine fließende Trennungslinie zwischen zwei Gesichtern der Kirche gibt. Der Heilige Chrysostomus nannte diese beiden Seiten der Kirche symbolisch einerseits Gerichtssaal und anderseits Krankenhaus. “