Die soziale Kohäsion Europas muss verstärkt werden

13 January, 2014

Press Release No: 14/02 DE
13 January 2014

Die soziale Kohäsion Europas muss verstärkt werden
Gemeinsame Presseerklärung  von KEK und COMECE  zum Treffen mit dem griechischen Ratsvorsitz am 10.01.2014


Am 10. Januar 2014, dem dritten Tag nach dem offiziellen Beginn der griechischen EU-Ratsvorsitzes, empfing der für Europafragen zuständige griechische Staatssekretär für auswärtige Angelegenheiten Dimitris Kourkoulas in Athen eine hochrangige Delegation von griechischen und europäischen Kirchenvertretern. Dabei wurde er von hohen Mitarbeitern seines Ministeriums begleitet. Das Ziel dieses Gesprächs, das im Rahmen der regelmäßigen Treffen zwischen dem jeweiligen Ratsvorsitz und den Kirchen stattfand, war ein Austausch über die Schwerpunkte des Arbeitsprogramms der griechischen Ratspräsidentschaft für das erste Halbjahr 2014. Im Mittelpunkt standen dabei besonders Fragen der sozialen Kohäsion und der Migration in Europa.


Zu Beginn des Treffens unterstrich Minister Kourkoulas die große Bedeutung des Treffens mit den Vertretern der Kirchen: durch ihre wertvollen pastoralen und sozio-politischen Erfahrungen und ihre konkreten Aktivitäten in den beiden Bereichen tragen die Kirchen in wesentlichem Ausmaß dazu bei, angemessene Lösungen auf die großen Herausforderungen zu finden, vor denen die griechische Ratspräsidentschaft stehe. Darum lade er die Kirchen ein, über das heutige Treffen hinaus mit dem griechischen Ratsvorsitz zu diesen Themen im Gespräch zu bleiben.


Das Treffen mit der Ratspräsidentschaft in Athen war vom Vizepräsidenten der Konferenz Europäischen Kirchen (KEK), S.E. Metropolit Emanuel von Frankreich und von der Kommission der Bischofskonferenzen in der Europäischen Gemeinschaft (COMECE) gemeinsam mit den Kirchen in Griechenland organisiert worden.


Soziale Kohäsion in Europa


Die Kirchen unterstützen die ambitionierten Vorhaben des griechischen Vorsitzes zur Verstärkung der sozialen Kohäsion in Europa und zum Ausbau der sozialen Dimension der Europäischen Union. Gleichzeitig äußerte die Delegation ihre Sorgen über die hohe Jugendarbeitslosigkeit in Europa, besonders, wenn auch nicht ausschließlich in den Ländern Südeuropas. Hier drohe eine verlorene Generation zu entstehen, ohne konkrete Perspektiven auf eine Verbesserung ihrer wirtschaftlichen Situation oder auf gesellschaftliche Teilhabe.

Der Einsatz für ein umfassendes und nachhaltiges Wirtschaftswachstum und die Schaffung von  Arbeitsplätzen in Europa stellt sicherlich eine der Hauptvoraussetzungen zur Überwindung der Krise dar. Dabei gilt es allerdings das Entstehen prekärer Arbeitsverhältnisse und einer neuen Klasse der «working poor» zu vermeiden. Bei der Schaffung von Arbeitsplätzen müsse auch der Qualität der Arbeit entsprechende Aufmerksamkeit geschenkt werden. Dabei wiesen die Kirchen  exemplarisch auf den Bereich des maritimen Sektors als einem der Arbeitsschwerpunkte des Ratsvorsitzes hin: gerade in diesem Bereich drohen oft soziales Dumping und Ausbeutung.


Im Rahmen der vorgesehenen Überprüfung der Europa 2020 Strategie während der griechischen Ratspräsidentschaft sollte das ursprüngliche Ziel einer „intelligenten, nachhaltigen und integrativen Wirtschaft“ wieder verstärkt in den Blick genommen werden. Die Kirchen wiesen darauf hin, dass in diesem Sinne soziale Dienste nicht in erster Linie als Kostenfaktor zu betrachten seien, sondern als Stützen von Wirtschaft und Beschäftigung.


Die Kirchen betonten schließlich die Bedeutung des arbeitsfreien Sonntags als sichtbares Zeichen für die Vereinbarkeit von persönlichen, familiären und beruflichen Leben.


Europäische Migrationspolitik


Besonders intensiv tauschten sich die Delegation der Kirchen und des griechischen Ratsvorsitzes über die dringende und sehr komplexe Thematik der Migration nach Europa und die Niederlassungsfreiheit innerhalb Europas aus. Die Gesprächspartner teilen die Einschätzung, dass die Folgen des demographischen Wandels in Europa ohne Migration nicht lösbar sein werden. Gleichzeitig fehlt in Europa eine den USA oder Australien vergleichbare Migrationspolitik.

In diesem Gespräch wurden die folgenden Punkte besonders hevorgehoben:


•    Die humanitäre Katastrophe in Syrien, die politischen Umwälzungen im Nahen Osten und in Nordafrika, die anhaltenden Konflikte in Afrika sowie in Afghanistan haben den Zustrom von Flüchtlingen und Migranten auf Europa verstärkt. Davon sind die Länder an der südlichen Schengengrenze besonders betroffen. Durch die anhaltende Wirtschaftskrise ist ihre Aufnahmekapazität beschränkt. Die Kirchen unterstützen die Anstrengungen des Ratsvorsitzes, eine größere Solidarität zwischen den Mitgliedsstaaten der Europäischen Union bei der Aufnahme der Flüchtlinge und Migranten zu erreichen.


•    Die Delegation der Kirchen forderte gleichzeitig, trotz der immensen Schwierigkeiten in den Erstaufnahmeländern, eine humane Behandlung der ankommenden Migranten  und Flüchtlinge sowie die Wahrung ihrer Menschenwürde und aller ihnen zustehenden Rechte.


•    Besondere Anstrengungen müssen weiterhin der Bekämpfung des organisierten Menschenhandels in seinen verschiedenen Formen – Zwangsprostitution, Arbeitssklaven, Organhandel – gelten. Die Vertreter der COMECE berichteten von den auf ihrer letzten Vollversammlung vorgestellten Projekten der Zusammenarbeit zwischen kirchlichen Einrichtungen und der Polizei zur Befreiung von Opfern des Menschenhandels und ihrer darauf folgenden Betreuung  und Begleitung bei der Verarbeitung der traumatischen Erfahrungen.


•    Eigene Aufmerksamkeit bedarf die Situation  in den Herkunfts- und Transitländern der Migranten. Dabei wird es darum gehen, den Menschen zu helfen, ein gesichertes Leben in ihren Herkunftsregionen aufzubauen und zu bleiben. Das für April 2014 angesetzte  Gipfeltreffen zwischen den Staats- und Regierungschefs der Länder Afrikas und der Europäischen Union bietet die Gelegenheit, an konkreten Lösungsansätzen dafür zu arbeiten. Dazu gehört auch das von den Kirchen oftmals eingemahnte Einhalten der entwicklungspolitischen Zusagen der Mitgliedsstaaten der Europäischen Union.


Zum Abschluss des Gesprächs betonte Minister Kourkoulas die Bereitschaft des Ratsvorsitzes, an zwei von den Kirchen geplanten Veranstaltungen zum «Arbeitsfreien Sonntag» (21. Januar 2014) bzw. zur KEK-Konferenz zur «Jugendarbeitslosigkeit» (24.-26. März 2014) teilzunehmen.


Vor dem Treffen mit dem griechischen Ratsvorsitz besuchte die Delegation S.E. Ieronymos II, Erzbischof von Athen und Primas der Orthodoxen Kirche von Griechenland, um sich über die aktuelle Situation in Griechenland und die Anstrengungen der Kirche zur Linderung der Not durch die anhaltende Wirtschaftskrise zu informieren.


Mitglieder der Delegation


•    S.E. Metropolit Emmanuel von Frankreich des Oekumenischen Patriarchats von
Konstantinopel, Vizepräsident der Konferenz Europäischer Kirchen
•    S.E. Erzbischof Nikolaos Foskolos, Erzbischof von Athen (röm.-kath.)
•    Pfarrer Dimitri Boukis,  Griechisch-Evangelische Kirche
•    Fr. Ignatios Sotiriadis, Sekretär der Kommission für interorthodoxen und
interkirchlichen Dialog der Orthodoxen Kirche von Griechenland
•    Pfarrer Guy Liagre, Generalsekretär der Konferenz Europäischer Kirchen
•    Pfarrer Frank-Dieter Fischbach, Exekutivsekretär der KEK-Kommission für Kirche
und Gesellschaft
•    Fr. Patrick Daly, Generalsekretär der COMECE
•    Diakon Michael Kuhn, Assistent–Generalsekretär der COMECE.


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Die Konferenz Europäischer Kirchen (KEK) ist eine Gemeinschaft von 120 orthodoxen, protestantischen, anglikanischen und alt-katholischen Kirchen in allen Ländern des europäischen Kontinents sowie von 40 Partnerorganisationen . Die KEK wurde 1959 gegründet und hat Büros in Genf, Brüssel und Straßburg.


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